Gelbbauch-Unke: Giftige Bewohnerin von Wald und Wasser

An vielen Orten in der Schweiz hat die Gelbbauch-Unke im Verlauf der letzten 200 Jahre ihre Lebensräume verloren: Kleingewässer und Feuchtgebiete, die nur zeitlich begrenzt auftreten. Aus diesem Grund gilt sie regional als stark gefährdet. Damit die Gelbbauch-Unke in der Schweiz überleben kann, ist sie auf zusätzliche Kleinstgewässer, wie temporäre Tümpel, Feuchtstellen im Wald und liegendes Totholz angewiesen.

Artportrait der Gelbbauch-Unke

Artname

Gelbbauch-Unke (D), Sonneur à ventre jaune (F), Ululone a ventre giallo (I), Bombina variegata (Lat.)
Ordnung Froschlurche

Grösse

bis zu 5 cm

Aussehen

Körper oval mit stark warziger Haut; für die Art charakteristisch ist die gelbschwarze bis bläuliche Musterung am Bauch; Männchen und Weibchen nur in der Paarungszeit zu unterschieden

Lebenserwartung

In Einzelfällen bis zu 20 Jahre, das Durchschnittsalter ist aber deutlich geringer und hängt vom Lebensraum ab

Fortpflanzung

Ende April bis Anfang August; legen oft unter 50 Eier, in Extremfällen bis zu 200, verteilt über die Saison
Entwicklungszeit Kaulquappen 1 bis 2 Monate
Aktivitätsfenster vorwiegend nachtaktiv

Ernährung

als Kaulquappe hauptsächlich Algen, adulte  Tiere sind Fleischfresser (Insekten, Schnecken und andere Wirbellose)

Lebensraum

Gewässer/Ufer/Feuchtgebiete, Wald (besonders Auenwald)

 

Die Gelbbauch-Unke ist in der Schweiz zwar selten geworden, grundsätzlich aber weit verbreitetet: Anzutreffen ist sie auf der ganzen Alpennordseite eher in niederen Lagen bis 700, in Einzelfällen bis 1600 m ü. M. Von Natur aus kommen diese Amphibien in Flusstälern, Auen, Riedgebieten und feuchten Wäldern sowie Rutschgebieten vor. Daneben ist die Gelbbauch-Unke auch in unmittelbarer Nachbarschaft zum Menschen zu finden: Häufig in Abbaugebieten sowie Bau- und Deponiegeländen mit Feuchtstellen. Früher erklangen Unkenrufe oft auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, wo sich die Tiere in mit Wasser gefüllten Fahrspuren oder Gräben ansiedelten. Durch ihren unscheinbar gefärbten Rücken sind sie bestens getarnt. Wem es doch gelingt, Gelbbauch-Unken tief in die Augen zu schauen, erkennt eine spezielle Eigenheit: Ihre Pupillen sind herzförmig.

Gelbbauch-Unken lieben warme Kleingewässer

Gelbbauch-Unken sind spezialisiert auf temporäre Gewässer, die nur vorübergehend Wasser haben. Tiefe, kühle und ständig wasserführende Standorte meiden sie. Und das aus gutem Grund: Die Wahrscheinlichkeit, dass Kaulquappen von Fressfeinden wie Fischen oder Libellenlarven erbeutet werden, ist in dauerhaften Gewässern deutlich höher. Seichte, warme Kleingewässer können ihnen aber auch gefährlich werden. Trocknen sie aus, sterben die Kaulquappen. Laichgewässer sollten also mindestens drei Monate Wasser aufweisen.

Gelbbauch-Unke zwischen Wasser und Wald

Erwachsene Gelbbauch-Unken leben nur während der Paarungszeit im Wasser. Männchen sind dort länger anzutreffen als Weibchen, da diese meist bloss für das Ablegen ihrer Eier ins Wasser gehen. Die Eier werden dabei aber nicht alle auf einmal abgelegt, sondern auf mehrere Gewässer verteilt. So kann das Risiko gesenkt werden, dass alle Nachkommen gefressen werden oder sterben, weil eine Wasserstelle austrocknet. Insgesamt legt ein Weibchen bis zu 200 Eier, nicht selten sind es aber weniger als 50. Ausserhalb der Paarungszeit leben die Tiere versteckt, nahe der Laichgewässer an feuchten Standorten: zwischen krautigen Pflanzen, unter liegendem Holz sowie auf lockeren Waldböden. Junge Tiere wandern gern. Dabei können sie mehrere Kilometer zurücklegen, um neue Lebensräume zu finden. Ältere Tiere hingegen harren häufig jahrelang am selben Ort aus, auch wenn die ehemaligen Laichgewässer nicht mehr vorhanden oder mittlerweile ungeeignet sind.

Speiseplan und Verteidigungsstrategie

Die Kaulquappen ernähren sich hauptsächlich von Algen, erwachsene Gelbbauch-Unken bevorzugen Insekten, Schnecken und ähnliche Beutetiere. Als Kaulquappen werden sie oft selbst zur Beute von Insekten, Fischen, Vögeln oder anderen Amphibien. Erwachsene Tiere haben hingegen ein wirksames Mittel mit dem sie sich wehren: Sie sondern über ihre Haut ein hochgiftiges Sekret ab, das sie sowohl vor Fressfeinden als auch vor Infektionen schützt. Ihr Aussehen unterstützt sie ebenfalls dabei. Einerseits sind sie durch ihren lehmbraunen Rücken sehr gut getarnt, andererseits können sie auch ein hohles Kreuz machen und so die Ränder ihres intensiv gefärbten Bauches zeigen – eine Warnung an Fressfeinde, dass sie giftig sind. Trotz dieser ausgeklügelten Abwehrmechanismen werden einige von ihnen zur Beute von Vögeln und grossen Laufkäferarten.

Bedeutung der Gelbbauch-Unke

Gelbbauch-Unken haben vielfältige Einflüsse auf ihre Lebensräume. Ihre Eier und Kaulquappen sind Nahrung für viele andere Lebewesen. Erwachsene Tiere richten sich nach dem vorhandenen Angebot und ernähren sich sehr vielfältig. Die Unke ist deshalb ein Mitglied in der Nahrungskette und dient zudem der Schädlingsbekämpfung. Amphibien sind in der Schweiz stark unter Druck, 70 % gelten als gefährdet. Das Artensterben führt zu einer starken Destabilisierung des Ökosystems.

Massnahmen für die Gelbbauch-Unke

Um Gelbbauch-Unken zu fördern, braucht es vor allem zwei Massnahmen. Bestehende Vorkommen, im Besonderen in gut vernetzten Lebensräumen mit langfristig günstigen Bedingungen, müssen geschützt werden. Unkengewässer müssen zwingend einmal jährlich austrocknen und dürfen nicht zuwachsen. Wegen ihrer geringen Dimension müssen sie alle zwei bis drei Jahre gepflegt werden. Daneben ist es besonders wichtig, an sinnvollen Orten feuchte Standorte wiederherzustellen bzw. neue zu gestalten. Renaturierte Fliessgewässer und im Wald und Kulturland angelegte Feuchtstellen mit gut besonnten, nicht dauerhaften Kleinstgewässern (0,5 m2 bis 5 m2) sind ideal für sie. Zusätzliche Kleinstgewässer anzulegen ist einfach: Schaufellöcher oder eine vergrabene Wanne eignen sich sehr gut, um Platz für Gelbbauch-Unken zu schaffen. Da die einzelnen Gewässer klein sind und die Weibchen ihren Laich in verschiedene Pfützen ablegen, braucht es für eine Population aber eine Vielzahl dieser Laichplätze. Neben solchen Tümpelketten müssen in deren Nähe auch schattigere Standorte wie feuchte Krautschichten und Gehölze vorhanden sein, wo die Unken ausserhalb der Paarungszeit leben können. Spezifische Fördermassnahmen für Gelbbach-Unken im Wald sind sehr effizient und erfolgreich.

Gefährdungsstatus der Gelbbauch-Unke

Gelbbauch-Unken werden auf der Roten Liste der Amphibien der Schweiz als stark gefährdet geführt. Das grösste Problem für diese Tierart ist der Verlust ihres Lebensraums. Die Trockenlegung von Feuchtgebieten, die Kanalisierung der Fliessgewässer und die Intensivierung der Landwirtschaft hat ihr Vorkommen stark reduziert. Ursprünglich besiedelten Gelbbauch-Unken auch siedlungsnahe Standorte, beispielsweise mit Wasser gefüllte Fahrspuren auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder in Wäldern.