Vielfältige Wälder sind besser auf die Zukunft vorbereitet

Wenn die Sommer wegen des Klimawandels heisser und trockener werden und im Winter vermehrt Regen statt Schnee fällt, sind viele Lebewesen gestresst. Bäume im Wald sind davon besonders betroffen. Denn wie und wohin wandern sie, wenn die Lebensbedingungen ungemütlich werden? Und wer schafft es, sich neu breit zu machen?

In der Schweiz gibt es insgesamt 124 verschiedene Waldtypen: von hochmontanen mit vielen Nadelbäumen bis hin zu jenen, die auf das warme Klima im Tessin spezialisiert sind. Je nach Gebiet bestimmen andere Pflanzenarten das Bild des Waldes. Denn jede Pflanze bevorzugt ein bestimmtes Klima und unterschiedlichen Boden. Darüber hinaus gibt es in Wäldern auch Unterschiede in Bezug auf das Alter der Bäume sowie die Dichte ihres Wuchses. Jeder Waldtyp beherbergt unterschiedliche Pilze, Insekten und andere Tiere. Der Fliegenpilz findet sich beispielsweise in unmittelbarer Nachbarschaft zu Fichten oder Birken, die Rote Waldameise vor allem in Wäldern mit vielen Nadelbäumen.

Klimawandel wirkt sich auf Wälder aus

Die bestehenden Waldtypen und deren Standorte werden sich in Zukunft stark verändern. Denn der Klimawandel schreitet rasant voran. Seit Beginn der Industrialisierung beträgt die Erwärmung in der Schweiz rund 1,9Grad, zusätzliche 1 bis 2Grad werden in den kommenden Jahrzehnten erwartet. Die Wälder in der Schweiz sind davon stark betroffen: Die Vegetationszonen verschieben sich um 500 bis 700 m in die Höhe. Konkret heisst dies, dass Bergwälder der tieferen Lagen, in denen heute vor allem Nadelbäume wachsen, in Zukunft vermehrt aus Laubbäumen bestehen werden. Die natürliche Verbreitung der Samen oder forstliche Massnahmen durch Neupflanzungen werden für einen Wechsel der Zusammensetzung bei den Baumarten sorgen. Daneben steigt durch anhaltende Trockenperioden von Frühling bis Herbst vielerorts die Waldbrandgefahr. Brennen Wälder, die eine wichtige Funktion beim Schutz vor Naturgefahren wahrnehmen, werden teure Massnahmen nötig. Aufforstungen und Schutzbauten können kurzfristig Verbesserungen bringen. Es dauert jedoch Jahrzehnte, bis Wälder ihre Schutzwirkung wieder voll entfalten können.

Die warme Jahreszeit wird in der Schweiz immer wärmer. Das zeigen die Abweichungen von den durchschnittlichen Sommertemperaturen zwischen 1961 und 1990 deutlich. Lagen sie vor 1980 immer wieder unter dem Durchschnitt, sind sie seither meist spürbar höher. (Quelle: Meteo Schweiz 2017)

Mischwälder zeigen sich robust

In Zeiten des Klimawandels sind vielfältige Wälder wichtiger denn je. Verschiedene Baumarten haben unterschiedliche Bedürfnisse. Sie kommen entsprechend mit einem veränderten Klima besser oder schlechter klar. In tieferen Lagen unseres Landes wird es beispielsweise in Zukunft mehr Bäume brauchen, die mit Trockenheit und wärmeren Temperaturen umgehen können. Der Bergahorn, die Winterlinde und die Stieleiche sind dafür bestens gerüstet – letztere ist sehr anpassungsfähig und wird darum in Zukunft wohl häufiger vorkommen. Monokulturen hingegen sind sehr anfällig und kommen mit Veränderungen des Klimas, mit Schädlingen oder Krankheiten kaum zurecht. Durch die aktuellen Klimabedingungen sind Fichten heute häufig gestresst und geschwächt. Deshalb werden sie leichter von Borkenkäfern befallen. Wie aktuelle Schäden eindrücklich zeigen, haben sich reine Fichtenwälder im Schweizer Mittelland nicht bewährt.

Das Bild der Schweizer Wälder wird sich in Zukunft stark verändern: Wo heute noch vor allem Nadelbäume zu finden sind, werden in wenigen Jahrzehnten vermehrt Laubbäume wachsen. (Quelle: Gettyimages)

Biodiversität und Klimawandel

Während sich für gewisse Arten mit dem Klimawandel neue Chancen ergeben, brauchen andere zusätzlichen Schutz und Förderung. Da viele der Auswirkungen heute aber noch ungewiss sind, ist es schwer zu sagen, welche Pflanzen-, Tier- und Pilzarten in Zukunft seltener oder häufiger werden. Fest steht, dass gut durchmischte Wälder auch bei sich verändernden klimatischen Bedingungen widerstandsfähiger sind. Sie sind belebter und beheimaten deutlich mehr Arten. Wenn eine Art verschwindet, ist die Chance grösser, dass eine andere Art ihre Aufgabe im Ökosystem übernehmen kann. Vielfältige Wälder können sich besser an zukünftige Herausforderungen anpassen. So können Menschen auch weiterhin vom Wald profitieren.

Forschungsprogramm «Wald und Klimawandel»

Um Waldeigentümer und Förster zu unterstützen, haben das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) 2009 das Forschungsprogramm «Wald und Klimawandel» ins Leben gerufen. Der dazugehörige Bericht «Standortkundliche Grundlagen für die Waldbewirtschaftung im Klimawandel» zeigt, wie die Waldpflege bereits heute auf die zukünftigen klimatischen Bedingungen ausgerichtet werden kann. So enthält er beispielsweise eine Liste der verschiedenen heute bestehenden Waldtypen und zeigt gleichzeitig auf, welche Baumarten wegen der steigenden Temperaturen in Zukunft berücksichtigt werden sollten. Die tree-app.ch hilft den Fachleuten zu erkennen, welche Bäume zukünftig an einem bestimmten Standort wachsen können.