Wald – Ort der Vielfalt, Ort der Biodiversität

Ein Drittel der Schweiz ist mit Wald bedeckt. Wälder sind Lebensraum für 40 % der in der Schweiz vorkommenden Pflanzen-, Tier- und Pilzarten. Im Vergleich mit städtischen Gebieten oder landwirtschaftlich genutztem Kulturland gelten Wälder auch heute noch als Refugium für die Biodiversität. Um die Artenvielfalt zu erhalten oder sogar zu verbessern, braucht es aber konkrete Massnahmen.

In Schweizer Wäldern wachsen rund 535 Millionen Bäume. Insgesamt kommen 50 Baumarten vor, wobei Fichten (37 %), Buchen (18 %) und Weisstannen (11 %) den grössten Teil ausmachen. Früher wurden an manchen Orten Reinbestände gepflanzt. Heute begünstigen der naturnahe Waldbau und Förderungsmassnahmen im Zusammenhang mit Biodiversität vielfältigere Baumbestände. Neben Bäumen gibt es zahlreiche weitere Pflanzen: von Orchideen über Heidelbeeren und weitere Sträucher bis hin zum Gefleckten Aronstab, der auf ein sehr ausgeklügeltes Bestäubungssystem setzt.

Über die Hälfte der 535 Millionen Bäume in der Schweiz sind Nadelbäume. Mit Abstand am häufigsten sind Fichten. Sie kommen doppelt so oft vor wie Buchen, die am stärksten verbreiteten Laubbäume. (Quelle: LFI 2009/13)

Tierwelt im Schweizer Wald

Vielfältig ist auch die Tierwelt in den Wäldern. Neben bekannten Säugetieren wie Eichhörnchen, Füchsen und Rehen kommen heute in der Schweiz auch wieder Luchse und Wölfe vor. Ebenfalls auf den Wald angewiesen sind viele Fledermäuse. Über 30 Arten gibt es in der Schweiz, wobei der Grossteil davon im Wald lebt. Auch über ein Viertel der rund 200 Brutvogelarten in der Schweiz lebt hauptsächlich im Wald: zum Beispiel Buntspecht, Nachtigall und Auerhuhn. Erfreulicherweise sind die Vogelbestände in den Wäldern weniger unter Druck als im Offenland. Eine verhältnismässig kleine Gruppe bilden die in der Schweiz vorkommenden Reptilien (14 Arten) und Amphibien (18 Arten). Trotz teils sehr unterschiedlichen Ansprüchen an Lebensräume, sind sie praktisch alle auf Wälder angewiesen. Die Gelbbauchunke beispielsweise braucht eine hohe Bodenfeuchtigkeit und schätzt ausserhalb der Paarungszeit lockere Waldböden als Versteckmöglichkeit besonders.

Insekten und ihre Aufgaben im Wald

Die mit Abstand grösste Gruppe der Waldbewohner bilden Insekten. Schätzungen gehen von gegen 30‘000 Arten in der Schweiz aus, wovon mehrere 1000 noch nicht bekannt sind. Insekten erfüllen im Wald viele wichtige Aufgaben. So werden beispielsweise 80 % aller Bäume und Sträucher von ihnen bestäubt. Bei der Verbreitung von Samen wiederum spielen Ameisen eine sehr wichtige Rolle. Eine der bedeutendsten Aufgaben von Insekten ist der Abbau von Holz. Neben vielen anderen haben sich Hirschkäfer und Riesenholzwespen darauf spezialisiert. Sogenannte Pionierinsekten besiedeln frisch abgestorbenes Holz und bohren Löcher in die Rinde, wodurch andere Insekten und Pilze in den Holzkörper eindringen können. Dadurch wird das Holz zersetzt, bis es schliesslich zerfällt. Dabei dringen Bodenlebewesen in das Moderholz ein und der Abbau schreitet weiter voran. Würden bloss Mikroorganismen Bäume zersetzen, würde der Abbauprozess doppelt so lange dauern.

Insekten übernehmen im Schweizer Wald eine Vielzahl von Aufgaben. Der Alpenbock ist ein besonders prächtiger Vertreter der Insekten, die sich auf den Abbau von Totholz spezialisiert haben. Er gehört zu den geschützten Arten. (Quelle: Gettyimages)

Pilze helfen Bäumen

Wie oben beschrieben, leisten Pilze einen grossen Beitrag zum Abbau von abgestorbenen Bäumen. Die Leistungen der 5500 in der Schweiz vorkommenden Grosspilzarten gehen jedoch weit darüber hinaus. Viele von ihnen leben in einer engen Gemeinschaft mit Bäumen und verbessern ihre Nährstoffversorgung. Der grösste Teil der Pilze ist dabei unsichtbar: Neben dem Fruchtkörper, umgangssprachlich Pilz genannt, haben sie ein riesiges unterirdisches Netzwerk, mit dem sie den Wald verbinden. Nicht zuletzt sind Pilze auch eine willkommene Abwechslung auf dem Teller. Gut 200 der in der Schweiz vorkommenden Pilzarten sind essbar und für Menschen teils begehrte Delikatessen. Auch Insekten und Kleinsäugetiere schätzen Pilze als Nahrung. Flechten, eine Symbiose aus Algen und Pilzen, unterstützen ebenfalls Kleinlebewesen. Die Lungenflechte beispielsweise gibt ihnen Nahrung und eine strukturreiche Unterkunft.

Viele Pilze leben eng mit Bäumen zusammen. Über ihre Wurzeln tauschen sie Nährstoffe und Wasser aus, wodurch beide besser wachsen können. (Quelle: Tintling, 5 (1))

Biodiversität in Schweizer Wäldern stärken

Um die Artenvielfalt in Wäldern zu erhalten, wurden im Rahmen der Vollzugshilfe «Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen» verschiedene Aktionen für Wälder als Lebensräume definiert. Der Anteil von Alt- und Totholz soll erhalten und gefördert werden, um davon abhängige Arten zu unterstützen. Die Pflege und Förderung von lichten Wäldern soll dazu beitragen, national prioritäre Pflanzen- und Tierarten wie Orchideen, Tagfalter und Ameisen zu erhalten. Von der Förderung strukturreicher Waldränder profitieren viele Arten, die zwischen Wald und Offenland leben. Da Eichenwälder besonders artenreich sind, sollen bestehende erhalten und neue Bestände gegründet werden. Ebenfalls von hoher Wichtigkeit sind feuchte und nasse Waldstellen. Diese sind über die letzten Jahrhunderte sehr selten geworden, aber viele Arten sind speziell auf solche Standorte angewiesen. Ein grosser Teil der biologischen Vielfalt der Wälder kann durch das Einrichten von Waldreservaten, das Fördern von Altholzinseln und Biotopbäumen, die Pflege und Aufwertung von Waldlebensräumen und durch gezielte Massnahmen für Waldarten gefördert werden. Die nachhaltige Sicherung der Waldbiodiversität ist ebenfalls ein wichtiges Element der Waldpolitik in der Schweiz.

Biodiversität im Wald

Biodiversität bedeutet Vielfalt des Lebens. Sie beschränkt sich aber nicht nur auf eine Vielzahl verschiedener Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen. Sie umfasst auch die Vielfalt der Lebensräume, im Falle des Waldes also diverse Waldtypen und -strukturen, sowie die Vielfalt der Gene als kleinste Bausteine der Lebewesen. Zusätzlich bezieht sich Biodiversität auch auf die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Arten: Sie «sprechen» miteinander, fressen sich gegenseitig oder unterstützen sich bei der Bestäubung und Verteilung von Samen. Alle Arten werden von ihrer Umwelt beeinflusst, haben aber auch einen Einfluss auf sie. Damit Wälder und ihre Bewohner langfristig überleben können, ist Biodiversität auf allen Ebenen zentral.

Waldgesellschaften der Schweiz

In der Schweiz gibt es über 120 verschiedene Waldtypen. Sie unterscheiden sich teils sehr stark in der Zusammensetzung der vorhandenen Baum-, Strauch- und anderer Pflanzenarten. Gründe dafür sind einerseits menschliche Einflüsse, andererseits aber auch Umweltbedingungen: die Qualität des Bodens, Wasservorkommen oder das Klima. Buchenwälder sind in unserem Land sehr weit verbreitet. Andere Waldtypen sind sehr spezialisiert auf bestimmte Umweltbedingungen und kommen darum nur vereinzelt vor: Lärchenwälder beispielsweise sind bloss in höheren Lagen zu finden, wo das Klima feucht ist und Pflanzen wegen des kühleren Wetters nur kurze Wachstumsphasen haben.