Gefleckter Aronstab: Stinkende Schönheit im Wald

Mit seinen eindrücklich geformten Blüten und roten Früchten ist der Gefleckte Aronstab ein Hingucker in Schweizer Wäldern. Eindruck macht diese Pflanze aber auch durch ihre Bestäubungsmethode: Mit Wärme und Gestank werden Insekten angelockt, über Nacht eingesperrt und in Pollen gebadet. Erst am Morgen darauf kommen sie wieder frei, um die Pollen weit zu streuen.

Artportrait des Gefleckten Aronstabs

Artname

Gefleckter / Gemeiner Aronstab (D), Gouet ou Arum tacheté (F), Gigaro scuro (I), Arum maculatum (Lat.)
Ordnung Froschlöffelartige (Alismatales)

Grösse

15 bis 40 cm hoch
Vorkommen häufig
Fortpflanzung insektenbestäubt; diese werden «gefangen» und sind kurzzeitig «eingesperrt», um die Pollenaufnahme und -abgabe (i.e. Bestäubung) zu gewährleisten
Lebenserwartung mehrjährig, überdauert als Knolle
Lebensraum frische und feuchte Laubmischwälder, Auenwälder

 

Der Gefleckte oder auch Gemeine Aronstab ist häufig in frischen und feuchten Laubmischwäldern und Auenwäldern der tieferen bis mittleren Lagen anzutreffen. In der Schweiz ist diese Pflanzenart vor allem nördlich der Alpen zu finden. Für Waldspaziergängerinnen und Waldspaziergänger ist der Gefleckte Aronstab leicht zu erkennen. Um den Blütenstand wächst ein eingerolltes Blatt, auch Blütenscheide genannt, das an tropische Pflanzen erinnert. Auch die grellroten Früchte sind ein Blickfang im herbstlichen Wald.

Bestäubung durch Gestank und Hitze

Bei der Bestäubung setzt der Gefleckte Aronstab auf die Hilfe von Insekten. Dafür stösst die Pflanze einen modrig-fauligen Geruch aus, der wie die Brutplätze der Insekten riecht. Um den Geruch zu verstärken und besser zu verteilen, erzeugt die Pflanze zudem auch Wärme. Im Innern des Blütenstandes kann die Temperatur um bis zu 35°C höher sein als die Umgebungstemperatur und rund 40°C erreichen. Der Gefleckte Aronstab versucht, permanent Temperaturen über 35°C zu halten. Dabei kann er je nach Bedarf mehr oder weniger stark «heizen». Im Gegensatz zu vielen anderen Blütenpflanzen setzt diese Pflanze nicht auf eine Belohnung für Bestäuber, sondern auf Täuschung: Sie gibt keinen Nektar ab, stattdessen werden Insekten einfach effizient in den Blütenstand gelockt.

Über Nacht im Gefleckten Aronstab

Wenn Insekten erfolgreich geködert wurden, landen sie in der geschlossenen, mit Flüssigkeit gefüllten Basis der Blütenscheide. In den meisten Fällen müssen sie dann über Stunden dortbleiben. Haarige Strukturen machen es den gefangenen Blütenbesuchern fast unmöglich, die Pflanze schnell wieder zu verlassen. Und trotzdem versuchen sie es. Dabei werden Pollen aufgenommen und abgegeben. Am nächsten Morgen verwelken die haarigen Strukturen, die ihnen den Weg versperrt haben, die Insekten können sich  befreien und die Pollen zu weiteren Pflanzen tragen. Zwar erhalten sie vom Gefleckten Aronstab keinen Nektar als Nahrung, einige Kleinlebewesen schätzen die Pflanze aber trotzdem sehr: Sie bietet ihnen Schutz und Wärme für eine Nacht. Obwohl der Gefleckte Aronstab eine Menge verschiedener Insekten anlockt und einfängt, ist bloss die Fliege Psychoda phalaenoides ein effizienter Bestäuber. Selbst bestäuben kann sich die Pflanze nicht, da sie Pollen erst freisetzt, wenn sie selber nicht mehr empfänglich ist.

Ameisen und der Gefleckte Aronstab

Wurde die Blüte des Gefleckten Aronstabs erfolgreich bestäubt, wachsen im Herbst orange bis grellrote Früchte. Auch bei der Verbreitung der darin enthaltenen Samen kann die Pflanze auf die Hilfe von Insekten zählen. Ameisen interessieren sich für die nahrhaften Anhängsel an den Samen, fachsprachlich Elaiosomen genannt. Auf dem Weg zu ihrem Nest trennen die Ameisen das begehrte Anhängsel vom Samen, den sie einfach liegen lassen, wodurch neue Pflanzen wachsen. Zudem fressen manche Tiere die Beeren sehr gerne. In diesem Fall werden die Samen im Kot wieder ausgeschieden und dadurch ebenfalls in einem grösseren Gebiet verteilt. Durchwandern Samen den Darm eines Tieres, hat dies zudem eine positive Wirkung auf die Keimrate der Pflanzen.

Heilkraft und Giftigkeit des Gefleckten Aronstabs

Von der Antike bis hinein ins 20. Jahrhundert wurde der Aronstab als Heilpflanze genutzt: unter anderem zur Behandlung von Hals-, Schleimhaut- oder Darmentzündungen. Heute gilt die Pflanze als stark giftig, verwendet wird sie nur noch in der Homöopathie. Dort vor allem im Zusammenhang mit Asthma, Husten und Heiserkeit. Alle Pflanzenteile sind giftig, wobei die Giftigkeit durch Trocknen oder Kochen abnimmt. Wer versehentlich Gefleckten Aronstab isst, merkt schnell, dass diese Pflanze nicht bekömmlich ist. Sie enthält Calciumoxalate, die beim Kauen zu starken Schmerzen auf der Zunge führen. Darüber hinaus sind Calciumoxalate auch für Vergiftungserscheinungen wie Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall verantwortlich. Obwohl der Gefleckte Aronstab sehr giftig ist, ist kein Fall einer tödlichen Vergiftung beim Menschen bekannt. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass es schlicht zu schmerzhaft ist, die dafür nötige Menge zu essen. Belegt sind hingegen Fälle, bei denen das Fressen von Blättern des Aronstabs zum Tod von Weidevieh geführt hat.

Bedeutung des Aronstabs

Diese Art übernimmt im ökologischen System verschiedene Aufgaben. Unter anderem ist sie Teil der Krautschicht auf dem Waldboden, auf die viele Tiere angewiesen sind. Zudem erfreut sie Menschen mit ihrem Anblick und hilft der Forschung: Ihre ausgefallene Bestäubungsbiologie ist äusserst interessant für verschiedene naturwissenschaftliche Disziplinen wie die Botanik, Biochemie, chemische Ökologie oder Evolutionsbiologie. Die Erforschung des Gefleckten Aronstabs hilft nicht nur dabei, diese Art besser zu verstehen. Sie liefert auch grundsätzliche Erkenntnisse zur Bestäubungsökologie und den ausgeklügelten Anpassungen, die für den Fortpflanzungserfolg nötig sind.

Keine Massnahmen für den Gefleckten Aronstab notwendig

Aufgrund seiner weiten Verbreitung und seiner geringen Ansprüche sind keine Schutzmassnahmen für den Gefleckten Aronstab notwendig. Da die Art feuchte Laubmischwälder besonders schätzt, profitiert sie aber vom in der Schweiz angewandten naturnahen Waldbau und den geförderten strukturreichen, vielfältigen Wäldern.

Gefährdungsstatus des Gefleckten Aronstabs

Auf der aktuellen Roten Liste der Gefässpflanzen aus dem Jahre 2016 wird der Gefleckte Aronstab als nicht gefährdet geführt. Die Pflanze ist relativ anspruchslos, bevorzugt aber feuchte Laubmischwälder mit durchlässigen und kalkhaltigen Böden. In Kulturlandschaften ist der Gefleckte Aronstab ebenfalls weit verbreitet. Zudem ist er wegen seines besonderen Aussehens auch als Zierpflanze beliebt. 

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